Strafzettel aus dem Ausland: Muss ich bezahlen?

Unter einem Scheibenwischer ist ein Strafzettel geklemmt

Ein Strafzettel ist das unbeliebteste Mitbringsel aus einem Urlaub oder von einer Geschäftsreise. Denn Verkehrsverstöße aus dem Ausland können schnell teuer werden. Doch muss ich den fälligen Betrag wirklich bezahlen oder lohnt es sich, wenn ich stattdessen Einspruch erhebe? Wir beantworten die wichtigsten Fragen.

Muss ich einen Strafzettel aus dem EU-Ausland bezahlen?

Muss ich einen Strafzettel aus dem EU-Ausland bezahlen?

Wenn der Betrag gemeinsam mit möglichen Verfahrenskosten 70 Euro übersteigt, werden Strafzettel innerhalb der EU grenzüberschreitend vollstreckt. Dann müssen Sie auch bezahlen. Die 70-Euro-Grenze ist schnell erreicht, da Bußgelder in Europa zumeist höher ausfallen als in Deutschland. Eine Ausnahme gilt für Österreich: Aufgrund eines bilateralen Abkommens kann hier bereits ab einer Bußgeldhöhe von 25 Euro vollstreckt werden.

Wenn der Verkehrssünder nicht bezahlt, übernimmt das Bundesamt für Justiz das Eintreiben des Bußgeldes. Dabei prüft das Bundesamt zunächst, ob die Vollstreckung zulässig ist – insbesondere, ob der Bescheid formell korrekt und für den Betroffenen verständlich ist. Seit Januar 2025 gilt eine neue EU-Richtlinie (2022/211), wonach Bußgeldbescheide in einer verständlichen Sprache – etwa Deutsch – zugestellt werden müssen. Erfolgt dies nicht, kann die Vollstreckung abgelehnt werden.

Zudem müssen Bescheide künftig in der Regel innerhalb von 11 Monaten nach dem Verstoß zugestellt werden, andernfalls sind sie in vielen Fällen nicht mehr vollstreckbar. Diese Regelung tritt spätestens im Juli 2027 in deutsches Recht ein.

Sie sollten Bußgeldbescheide, die nicht in deutscher Sprache verfasst sind, dennoch nicht grundsätzlich ignorieren – mit einigen Ländern bestehen Sonderabkommen, die Ausnahmen erlauben. Suchen Sie sich im Zweifel rechtliche Beratung. ACV Mitglieder erhalten eine kostenlose Rechtsberatung.

Kann ich einen Strafzettel ignorieren?

Es lohnt sich nicht, einen Strafzettel auszusitzen. Bei einer Wiedereinreise in das entsprechende Land kann es zum Beispiel bei einer Verkehrskontrolle oder beim Überprüfen des Passes dazu kommen, dass der Betrag sofort bezahlt werden muss. Die Verjährungsfristen sind länderabhängig und betragen zum Beispiel bis zu fünf Jahre in Italien, vier Jahre in Spanien und drei Jahre in Frankreich. In manchen Ländern kann die Bußgeldforderung also auch noch lange nach dem Verstoß gültig bleiben.

Wird die Forderung vor Ort vollstreckt, können zusätzliche Mahn- oder Verwaltungskosten hinzukommen. Auch wer nie einen Bescheid erhalten hat – etwa wegen fehlerhafter Adressdaten – kann zur Zahlung verpflichtet werden, da die Behörden häufig davon ausgehen, dass die Zustellung korrekt erfolgt ist. In solchen Fällen liegt die Beweislast beim Betroffenen.

Lohnt es sich, Einspruch gegen den Strafzettel zu erheben?

Falls Sie Zweifel an dem Bußgeldbescheid haben, können Sie innerhalb von zwei Wochen nach Erhalt Einspruch bei der zuständigen Bußgeldbehörde einlegen. Prüfen Sie dabei genau, ob alle Angaben im Bescheid korrekt sind – zum Beispiel Ort, Uhrzeit und Kfz-Kennzeichen.

In Deutschland gilt im Gegensatz zu einigen anderen EU-Ländern keine generelle Halterhaftung. Das bedeutet: Der Fahrzeughalter ist nicht automatisch für den Verstoß verantwortlich, wenn er nicht selbst gefahren ist. Gerade bei Auslandsverstößen lohnt sich deshalb eine sorgfältige Prüfung, bevor gezahlt wird.

Kann ich bei Bußgeldern aus dem Ausland auch sparen?

Ja, das ist möglich. In einigen Ländern werden Rabatte gewährt, wenn Sie das Bußgeld innerhalb einer bestimmten Frist bezahlen. In Spanien erhalten Sie bei Zahlung innerhalb von 20 Tagen nach Zustellung einen Nachlass von 50 Prozent. In Italien sind es 30 Prozent, wenn Sie innerhalb von fünf Tagen zahlen. Ab dem 61. Tag kann sich der Betrag deutlich erhöhen.

Wer nicht rechtzeitig zahlt, muss in der Regel den vollen Betrag begleichen – unter Umständen zuzüglich Verwaltungs- oder Mahnkosten.

Welche Verkehrsverstöße im Ausland werden geahndet?

Welche Verkehrsverstöße im Ausland werden geahndet?

Seit 2013 ist der europäische Halterdatenaustausch möglich. Mithilfe dieses grenzüberschreitenden Verfahrens ist das Kraftfahrt-Bundesamt in Deutschland bei einer Anfrage aus einem EU-Land zur Herausgabe der Halterdaten verpflichtet.

Der Datenaustausch ist bei Verkehrsverstößen zulässig, die die Sicherheit im Straßenverkehr gefährden. 

 

Dazu zählen insbesondere:

Auch vermeintlich kleinere Verstöße können geahndet werden – insbesondere, wenn sie automatisiert erfasst werden. In vielen Ländern ist dabei nicht der Fahrer, sondern der Fahrzeughalter verantwortlich, sofern keine andere Person benannt wird.

Drohen mir Punkte in Flensburg und Führerscheinentzug?

Nein, denn Ihr Punktekonto in Flensburg kann nur bei Verkehrsverstößen in Deutschland belastet werden. Ausländische Behörden können lediglich Bußgelder verhängen. Auch der Führerschein kann Ihnen von ausländischen Behörden nicht entzogen werden.

Dürfen Bußgelder aus Nicht-EU-Ländern eingetrieben werden?

Nein. Bußgelder können nur von EU-Ländern in Deutschland vollstreckt werden. Nicht-EU-Staaten – zum Beispiel die Schweiz, Norwegen oder die Türkei – haben keine rechtliche Möglichkeit, Bußgelder über deutsche Behörden einzutreiben.

Das bedeutet jedoch nicht, dass Sie die Strafe folgenlos ignorieren können: Bei einer Wiedereinreise in das betreffende Land kann die Forderung weiterhin geltend gemacht werden – unter Umständen sogar mit Zusatzkosten oder Konsequenzen vor Ort.

Was tun, wenn Post von Nivi SpA im Briefkasten liegt?

Was tun, wenn Post von Nivi SpA im Briefkasten liegt?

Das Unternehmen Nivi SpA aus Italien wird von italienischen Autobahnbetreibern mit der Verfolgung ausstehender Mautgebühren beauftragt. Nach italienischem Recht ist das zulässig, außerdem können die Gebühren bis zu zehn Jahre rückwirkend eingefordert werden. Es handelt sich dabei nicht um Betrug.

Da es nach mehreren Jahren schwierig ist, eine Zahlung nachzuweisen, ist es ratsam, sich bei einem technischen Defekt oder beim versehentlichen Befahren der Telepass-Spur direkt an Nivi SpA zu wenden. In der Regel gewährt das Unternehmen eine Frist von zwei Wochen, um die offene Gebühr nachträglich zu begleichen.

Tipp: Achten Sie immer auf die Quittungen an italienischen Mautstationen. Auch bei abgebrochener Kartenzahlung oder technischen Störungen öffnen sich die Schranken oft automatisch. Auf Quittungen mit dem Hinweis „mancato pagamento“ (deutsch: nicht bezahlt) sollten Sie reagieren und sich direkt an Nivi SpA wenden.

ACV Tipp

Vignette und Viacard - aktuelle Kosten in der Übersicht

Bei einer Autofahrt im Ausland gehören gewisse Mautgebühren dazu, die unterschiedlich hoch ausfallen können. Für Ihre Reiseplanung empfehlen wir Ihnen daher, sich im Vorfeld über die genauen Kosten zu informieren.  

Als Hilfestellung für Ihre nächste Auslandsreise hat Ihnen der ACV die aktuellen Gebühren von Vignette und Viacard zusammengefasst. Hier gehts zur Kostenübersicht.

Was tun bei Inkassopost aus dem Ausland?

Manchmal erhalten Sie Bußgeldforderungen nicht direkt von einer Behörde, sondern über private Inkassounternehmen wie Euro Parking Collection oder Creditreform. Diese sind oft im Auftrag von Kommunen oder Mautbetreibern tätig und fordern nicht nur das ursprüngliche Bußgeld, sondern auch zum Teil hohe Zusatzgebühren. Das kann die Gesamtsumme deutlich erhöhen.

Wichtig zu wissen: In Deutschland dürfen ausländische Bußgelder nur über das Bundesamt für Justiz vollstreckt werden – private Inkassodienste haben dafür keine rechtliche Befugnis. Wenn Sie ein solches Schreiben erhalten, sollten Sie sorgfältig prüfen, ob es sich um einen offiziellen Bescheid einer Behörde oder lediglich um eine private Zahlungsaufforderung handelt. Zahlen Sie nicht vorschnell, sondern holen Sie bei Unklarheiten unbedingt rechtlichen Rat ein. ACV Mitglieder können hierfür die kostenlose Rechtsberatung nutzen.

Rechtsberatung für ACV Mitglieder

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