Gaffer bei Unfällen: Strafen und Konsequenzen für Schaulustige

Bei einigen Verkehrsteilnehmern lösen Unfälle in jeder Größenordnung einen zweifelhaften Reiz aus: Sie werden zu Schaulustigen und beobachten neugierig Rettungs- bzw. Bergungsaktionen der hinzugerufenen Pannenhelfer, Polizei und Feuerwehr.
Besonders auffällig ist dies auf Autobahnen und Schnellstraßen: Hier unterbrechen Gaffer oft sogar die eigene Fahrt, um sich den Unfall aus der Nähe ansehen zu können. Bisweilen werden sogar Fotos oder Filme vom Unfall mit dem Handy gemacht – die sich später in sozialen Netzwerken oder in privaten Chats wiederfinden.
Der Gesetzgeber hat hier die Strafen fürs Gaffen deutlich verschärft: So soll insbesondere gewährleistet werden, dass die Rettungskräfte ungestört arbeiten können – und dass sich die Gaffer durch ihr Verhalten nicht auch noch selbst in Gefahr bringen. Zudem verletzen Gaffer die Privatsphäre der Unfallopfer in einem besonders sensiblen Moment.
Was versteht man unter einem Gaffer?
Nach allgemeiner Auffassung versteht man unter einem Gaffer jemanden, der bei einem Unfall am Unfallort weder den verletzten Personen hilft oder Unterstützung anbietet noch den Unfallort absichert (zum Beispiel durch Aufstellen des Warndreiecks). Stattdessen zieht es der Gaffer vor, die Szene lediglich zu beobachten oder sogar zu filmen bzw. zu fotografieren.
Wichtig zu wissen: Problematisch ist das Gaffen nicht nur wegen der moralischen Verwerflichkeit – für den Gesetzgeber steht dabei insbesondere im Vordergrund, dass dieses Verhalten regelmäßig die Arbeit der Rettungskräfte behindert. Das kann im Ernstfall Lebensgefahr für die Unfallopfer bedeuten, wenn die Rettungskräfte notwendige Maßnahmen nicht oder nur verspätet durchführen können.
Die Sicht eines Rettungsassistenten
Bei einem medizinischen Notfall im Straßenverkehr kann es durch Gaffer beim Beobachten der Szene dazu kommen, dass die Unfallstelle blockiert wird.
Mit unserem Gast, den Rettungsassistent Philipp Osten, sprechen wir in einem Interview über die persönlichen Erfahrungen während seiner Einsätze. Unter anderem beschreibt er, wie es sich anfühlt, von Gaffern behindert zu werden und unter starken Beeinträchtigungen zu arbeiten. Hier in unseren Podcast reinhören.
Was droht Gaffern, die am Unfallort als Schaulustige die Rettungsarbeiten behindern?

Gaffen am Unfallort wird rechtlich als Ordnungswidrigkeit behandelt. Diese kann nach § 113 des Ordnungswidrigkeitengesetzes (kurz: OWiG) mit einer Geldstrafe sanktioniert werden.
Es gilt: Werden Schaulustige von den Ordnungskräften vor Ort dreimal explizit aufgefordert, sich vom Unfallort zu entfernen, ist § 113 OWiG einschlägig.
Welche Sanktionen drohen, wenn Gaffer Film- und Fotoaufnahmen am Unfallort machen?
Wer Verletzte oder sogar Tote am Unfallort fotografiert oder filmt, begeht rechtlich eine Straftat nach § 201a des Strafgesetzbuches (kurz: StGB). Der Gesetzgeber stellt hier das Zurschaustellen einer hilflosen oder verstorbenen Person in den Fokus der Vorschrift: Dabei ist es völlig egal, ob die Aufnahmen weitergegeben oder veröffentlicht werden – es reicht die Anfertigung mit einem entsprechenden Gerät.
Die Straftat kann mit Freiheitsentzug bestraft werden: Damit ist die Sensationslust der Gaffer kein Kavaliersdelikt, sondern eine schwerwiegende Straftat.
Maßnahmen gegen das Gaffen: So verhalten Sie sich richtig!
Werden Sie zu einem Unfallzeugen, sind Sie gesetzlich dazu verpflichtet, Hilfe zu leisten. Das Hilfeleisten muss allerdings zumutbar sein. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass Hilfe über den Notruf anzufordern auch für die Zeugen in belastbaren Situationen zumutbar ist. Auch hier liegt eine Straftat vor, wenn Sie dieser Pflicht nicht nachkommen: Nach § 323c StGB kann bei unterlassener Hilfeleistung sogar eine Haftstrafe drohen. Das gilt auch dann, wenn Sie aktiv die Rettungskräfte bei ihrer Arbeit behindern – auch das bewertet der Gesetzgeber als unterlassene Hilfeleistung.
Sind Sie als Autofahrer unterwegs, sollten Sie bei einem Unfall – beispielsweise auf der Gegenfahrbahn – Ihre Fahrt ganz normal fortsetzen. Bleiben Sie nicht stehen und verringern Sie auch nicht Ihre Geschwindigkeit, um einen besseren Blick auf das Unfallszenario zu erhaschen. Es sollte selbstverständlich sein, dass Sie weder Fotos noch Videos anfertigen: Das gilt auch dann, wenn es "nur" um Bilder vom Blechschaden geht.
Juristische Beratung für ACV Mitglieder
Bei Unfällen im Straßenverkehr ist nicht nur die Belästigung durch Gaffer ein Problem – auch unterlassene Hilfeleistung kann schnell brisant werden. Wir empfehlen eine kostenlose Erstberatung durch einen Anwalt. Diese hilft auch dabei, das Kosten-Nutzen-Verhältnis von juristischen Schritten abzuwägen.
ACV Mitglieder erhalten über unseren Partner KLUGO eine kostenlose telefonische Erstberatung durch einen kompetenten KLUGO Partner-Anwalt und Rechtsexperten. Hier geht’s zur Rechtsberatung für ACV Mitglieder.
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