Sicher unterwegs mit Kindern, die nicht die eigenen sind: Pflichten, Haftung und Sicherheit

Ob Fußballtraining, Kindergeburtstag oder Wochenendausflug: Wer Kinder befördert, die nicht die eigenen sind, übernimmt eine besondere Verantwortung. Neben der Aufsichtspflicht müssen gesetzliche Vorgaben zur Kindersicherung eingehalten und der Versicherungsschutz geprüft werden. Mit der richtigen Vorbereitung fahren Sie rechtlich sicher und sorgen für maximalen Schutz der kleinen Mitfahrer.
Rechtliche Absicherung vor der Fahrt
Rechtliche Absicherung vor der Fahrt
Zustimmung der Eltern
Bevor Kinder, die nicht die eigenen sind, mitfahren, sollten die Sorgeberechtigten schriftlich zustimmen. Diese Einverständniserklärung dokumentiert das Einverständnis und überträgt Ihnen die Aufsichtspflicht.
Praktisch ist es, weitere Angaben aufzunehmen: Name und Alter des Kindes, Zeitraum und Ziel der Fahrt, Kontaktdaten der Eltern sowie eine medizinische Vollmacht.
Haftung
Eine sogenannte Haftungsbefreiung durch die Eltern ist rechtlich nicht möglich. Der Fahrer bleibt im Schadensfall verantwortlich, die Regulierung erfolgt in der Regel über die Kfz-Haftpflichtversicherung. Eine Einverständniserklärung der Eltern schafft lediglich Klarheit über die Aufsichtspflicht und das Einverständnis zur Mitnahme, ändert aber nichts an der gesetzlichen Haftung.
Reisevollmacht für Auslandsfahrten
Für Reisen ins Ausland genügt eine einfache Einverständniserklärung nicht. Manche Länder verlangen eine formelle Reisevollmacht, teilweise sogar mit Beglaubigung oder Übersetzung.
Die Vollmacht sollte enthalten:
- Zustimmung der Sorgeberechtigten,
- Kopien ihrer Ausweisdokumente,
- Angabe von Reisezeitraum und Zielort.
Wichtig: Da die Anforderungen je nach Land unterschiedlich sind, informieren Sie sich vorab bei der Botschaft oder dem Konsulat des Ziellandes sowie auf den Länderseiten des Auswärtigen Amtes.
Gut vorbereitet mit ACV-Pannenhilfe
Nicht nur rechtlich, auch praktisch sollten Sie gut abgesichert sein. Gerade bei Fahrten mit Kindern ist eine schnelle Hilfe im Ernstfall wichtig. Mit dem ACV-Schutzbrief sind Sie europaweit rund um die Uhr abgesichert – ob bei Panne, Unfall oder Fahrzeugausfall.
Sicherungspflicht im Auto

Sicherungspflicht im Auto
Die Sicherungspflicht für Kinder ist in § 21 StVO eindeutig geregelt: Kinder bis zum vollendeten 12. Lebensjahr oder unter 150 cm Körpergröße müssen in einem geeigneten, geprüften Kindersitz befördert werden.
Unabhängig vom Sitztyp muss das Sicherungssystem korrekt eingestellt sein. Bei einem Dreipunktgurt sollte der Schultergurt mittig über der Schulter verlaufen und der Beckengurt flach über den Hüftknochen liegen – nicht über dem Bauch – und dabei straff, aber bequem anliegen. Bei einem integrierten 5-Punkt-Gurt im Kindersitz empfiehlt sich der „Ein-Finger-Test“: Zwischen Gurt und Schlüsselbein sollte nur ein Finger passen. Der Gurt darf nicht verdreht sein und lose Kleidung wie dicke Jacken sollten vor der Fahrt ausgezogen werden.
Kindersitze
Je nach Gewicht und Größe des Kindes empfehlen sich verschiedene Sitzsysteme:
- Babyschale: Rückwärtsgerichtet für Neugeborene und Babys; auf dem Beifahrersitz nur bei deaktiviertem Airbag.
- Reboarder: Rückwärtsgerichteter Sitz für Kleinkinder, mindestens bis 15 Monate.
- Vorwärtsgerichteter Kindersitz mit Rückenlehne: Für Kinder, die aus dem Reboarder herausgewachsen sind, aber noch nicht groß genug für eine Sitzerhöhung; bietet Kopf- und Seitenschutz sowie optimalen Gurtverlauf.
- Sitzerhöhung (mit und ohne Rückenlehne): Für größere Kinder, die sicher mit dem Dreipunktgurt angeschnallt werden können. Modelle mit Rückenlehne führen den Gurt optimal, bieten Kopfstütze und besseren Schutz bei Seitenaufprall. Ohne Rückenlehne nur nutzen, wenn Größe, Gewicht und Gurtverlauf passen.
Gerade bei spontanen Fahrten, etwa wenn Freunde der eigenen Kinder mitfahren, greifen viele zu einer Sitzerhöhung. Das ist praktisch – aber nur sicher, wenn Sitztyp, Norm und Passform auch zum jeweiligen Kind passen.
Sitzerhöhung: wann geeignet?
Sitzerhöhungen sind in der Regel ab etwa 3 Jahren geeignet, wenn das Kind das erforderliche Mindestgewicht erreicht hat. Entscheidend sind die Vorgaben der Zulassungsnorm, die Sie auf dem Prüfsiegel (meist an der Unter- oder Rückseite) finden:
- UN ECE Reg. 44/04 (ältere Norm, noch gültig): ab 15 kg Körpergewicht (entspricht meist 3–4 Jahren)
- UN Reg. 129 (i-Size, aktuelle Norm): ab 125 cm Körpergröße und 22 kg – die höheren Mindestwerte sorgen für besseren Gurtverlauf und mehr Sicherheit
Wichtig zu wissen: Auf dem mittleren Rücksitz darf eine Sitzerhöhung nur mit Dreipunktgurt genutzt werden; bei Beckengurt sind spezielle, dafür zugelassene Sitze vorgeschrieben.
Kinder auf dem Beifahrersitz
Grundsätzlich dürfen Kinder in jedem Alter auf dem Beifahrersitz mitfahren. Voraussetzung ist – wie auch auf der Rückbank – ein geeigneter, zugelassener Kindersitz, der in Größe und Gewicht zum Kind passt und den gesetzlichen Vorgaben entspricht. Entscheidend ist, dass der Sicherheitsgurt korrekt verläuft.
Rückwärtsgerichtete Kindersitze – egal ob Babyschale oder Reboarder – dürfen auf dem Beifahrersitz nur dann genutzt werden, wenn der Frontairbag deaktiviert ist. Löst er aus, trifft er die Schale mit enormer Wucht und kann das Kind schwer verletzen. Ist eine Deaktivierung nicht möglich, darf vorne kein rückwärtsgerichteter Kindersitz installiert werden. Bei vorwärtsgerichteten Sitzen sollte der Beifahrersitz so weit wie möglich nach hinten geschoben werden, damit der Abstand zum Airbag groß genug ist, um das Verletzungsrisiko zu verringern.
Auch wenn die Fahrt auf dem Beifahrersitz möglich ist, sind Kinder auf der Rückbank am besten geschützt. Als sicherster Platz im Auto gilt der mittlere Rücksitz mit Dreipunktgurt, da er den größten Abstand zu möglichen Kollisionen bietet.
Aufsichtspflicht

Aufsichtspflicht
Neben der Sicherungspflicht gilt die Aufsichtspflicht: Als Fahrer tragen Sie Verantwortung dafür, dass die Kinder keine gefährlichen Handlungen ausführen und Sie nicht ablenken.
Das heißt konkret: Vor Fahrtbeginn prüfen, ob alle angeschnallt sind, während der Fahrt aufmerksam bleiben und bei Unruhe lieber anhalten, statt im Fahren einzugreifen.
Gerichte haben entschieden, dass Fahrer haftbar sein können, wenn ein Schaden entsteht, weil Kinder im Auto nicht ausreichend beaufsichtigt wurden.
Versicherungsschutz bei einem Unfall
Kommt es zu einem Unfall, sind Mitfahrer – auch Kinder, die nicht die eigenen sind – in der Regel durch die Kfz-Haftpflichtversicherung abgesichert.
Je nach Situation können zusätzlich greifen:
- Gesetzliche Unfallversicherung bei Kita-, Schul- oder Arbeitswegen
- Kasko-Versicherung für selbstverschuldete Schäden am eigenen Fahrzeug (mit möglichen Kürzungen bei grober Fahrlässigkeit)
- Private Haftpflichtversicherung für Schäden, die Kinder verursachen
Eine spezielle Insassenunfallversicherung ist meist nicht notwendig, da die wichtigsten Risiken bereits durch die genannten Versicherungen abgedeckt sind.
Gut abgesichert- auch bei Unfällen
Unfälle im Straßenverkehr lassen sich leider nie ganz ausschließen, egal wie gut Sie sich schützen. Damit Sie im Falle einer Verletzung nicht auch noch auf hohen Kosten sitzen bleiben, ist eine Verkehrsunfallversicherung bereits in Ihrer ACV Mitgliedschaft enthalten.
Haftung bei Schäden durch Kinder
Haftung bei Schäden durch Kinder
Nicht nur die Sicherheit während der Fahrt ist wichtig – auch die Frage, wer für Schäden haftet, die Kinder verursachen, kann entscheidend sein. Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) regelt die Haftung nach Alter und Einsichtsfähigkeit:
- Bis 7 Jahre: keine Haftung (§ 828 Abs. 1 BGB)
- 7 bis 10 Jahre: Haftung nur bei vorsätzlichem Handeln (§ 828 Abs. 2 BGB)
- Über 10 Jahre: Haftung, wenn das Kind die Tragweite seines Handelns erkennen konnte (§ 828 Abs. 3 BGB)
Ist das Kind nicht haftbar, übernehmen in der Regel die Eltern oder die Aufsichtsperson – insbesondere, wenn eine Aufsichtspflichtverletzung vorliegt. Eine private Familienhaftpflichtversicherung schützt vor finanziellen Folgen.
ACV-Tipp: Klären Sie vor einer Fahrt, ob Versicherungsschutz besteht. So vermeiden Sie Streitigkeiten, falls etwas beschädigt wird.
Notfallmanagement und Erziehungsrecht
Wenn Kinder ohne ihre Eltern unterwegs sind, hilft eine gute Vorbereitung:
- Notfallkontakte mit Telefonnummern und Adressen griffbereit halten
- Medizinische Vollmacht für schnelle Entscheidungen im Ernstfall
- Im Rahmen des Erziehungsrechts dürfen während der Fahrt Anweisungen gegeben werden, um Sicherheit und Ordnung zu gewährleisten – stets im angemessenen Rahmen
So stellen Sie sicher, dass Sie gut vorbereitet, rechtlich abgesichert und sicher unterwegs sind – egal, ob Sie ein einzelnes Kind oder eine ganze Gruppe mitnehmen.

Rechtsberatung für ACV Mitglieder
Ob Auffahrunfall, Sachschaden oder Streit um die Haftung: Als ACV-Mitglied haben Sie Anspruch auf eine kostenlose Erstberatung durch unseren Partner KLUGO.