Baustelle: Sicher durch die verengten Spuren fahren

Bei der Fahrt auf der Autobahn wird der Fahrspaß in der Regel schon bei der ersten Baustelle ausgebremst – und zwar wortwörtlich, denn hier zeigen grundsätzlich Schilder die Begrenzung der Geschwindigkeit an. Der Gesetzgeber macht durch das Tempolimit und durch die entsprechenden Sicherheitsvorschriften deutlich, dass in Baustellen ein erhöhtes Unfallrisiko besteht.
Die Geschwindigkeitsbeschränkung ist dabei nur eine Maßnahme, um die Sicherheit für alle beteiligten Verkehrsteilnehmer zu gewährleisten. Allerdings gelten noch andere Besonderheiten, wenn Sie als Autofahrer durch die Baustelle fahren. Die Statistik zeigt: Die Unfallzahlen für Unfälle in Autobahnbaustellen sind erschreckend hoch – immerhin rund 1800 Unfälle haben sich alleine 2019 auf den deutschen Autobahnen im Baustellenbereich ereignet.
Überholen in der Baustelle: Ist das erlaubt?
Im Baustellenbereich gilt kein grundsätzliches Überholverbot, außer ein Schild zeigt ein solches Überholverbot explizit an. Das ist im Alltag sehr oft der Fall. Dann darf auf der linken Spur auch dann nicht überholt werden, wenn auf der rechten Spur die Autos deutlich langsamer unterwegs sind. Ein generelles Verbot für den Fahrspurwechsel ist dies jedoch nicht – dieses wird explizit durch eine durchgezogene Fahrstreifenbegrenzung angezeigt. Ein Überholverbot liegt immer in der besonderen Gefährlichkeit im Baustellenbereich begründet und auch in den schmaleren Fahrspuren. Ein Überholverbot ist zwingend zu beachten – hier greift der Gesetzgeber sonst mit den üblichen Strafen durch.
Da die Fahrspuren im Baustellenbereich meist sehr schmal ausfallen, ist die linke Fahrspur zum Überholen oft nur für Autos bis maximal zwei Meter Breite zugelassen. Im Vergleich: Normale Autospuren weisen eine gängige Breite von mindestens 2,75 Meter auf. Die Bauweise moderner Kfz kann daher zum Problem werden, denn: Viele aktuelle Automodelle sind inklusive der Außenspiegel deutlich breiter als zwei Meter. Konsequenterweise dürfen diese Fahrzeuge die schmale Überholspur innerhalb einer Baustelle nicht nutzen.
Wichtig zu wissen: Die Fahrzeugpapiere geben nur bedingt Auskunft über die tatsächliche Breite des Fahrzeugs. Der Wert, der hier angegeben wird, beinhaltet nicht die Außenspiegel, die in der beengten Baustelle jedoch die entscheidenden Zentimeter ausmachen. Um auf Nummer Sicher zu gehen, sollten Sie daher selbst nachmessen, um die korrekte Breite des Fahrzeugs zu ermitteln.
Reißverschlussverfahren in Baustellen: Pflicht!

Da die Fahrspuren im Baustellenbereich häufig verengt sind, kommt es entsprechend oft zu Kollisionen von Fahrzeugen. Besonders dort, wo zwei Fahrzeuge direkt nebeneinander fahren, kann durch eine Unachtsamkeit schnell ein Unfall entstehen. Empfehlenswert ist daher das versetzte Fahren: So bleibt allen Fahrzeugen genug Raum, ohne dass es zu kritischen Situationen kommt.
Diese entstehen auch dort, wo eine Fahrspur wegen einer Baustelle komplett wegfällt. Hier gilt nach dem Gesetzgeber das Reißverschlussverfahren. Gemäß § 7 Abs. (4) der StVO müssen die Autofahrer die Spur bis zum Ende befahren und sich erst dort in die freie Spur einordnen. Im Gegenzug müssen die Autofahrer, die die freie Fahrspur befahren, den spurwechselnden Autos die Einfahrt ermöglichen – und zwar immer im Wechsel.
Wichtig zu wissen: Das Reißverschlussverfahren ist keine freiwillige Option – der Gesetzgeber sanktioniert dies mit einem Bußgeld von 20 Euro .
Checkliste zum Reißverschlussverfahren
Obwohl das Reißverschlussverfahren einfach ist, macht es in der Praxis immer wieder Probleme. Achten Sie daher auf folgende Punkte:
- Nutzen Sie die Fahrspur bis zum Ende. Ein zu frühes Wechseln auf die freie Fahrspur reduziert dort den zur Verfügung stehen Platz und sorgt für stockenden Verkehr.
- Unterstützen Sie aktiv Autofahrer, die auf die freie Fahrbahn wechseln – nicht nur aus Fairnessgründen, sondern auch, weil Sie gesetzlich dazu verpflichtet sind.
- Halten Sie sich an den Wechselrhythmus des Reißverschlussverfahrens: Experten zufolge kann so effektiv Stau an einer Engstelle verhindert werden.
Unfall in der Baustelle: Vorsicht angesagt!
Kommt es trotz aller Vorsichtsmaßnahmen doch zu einem Unfall im Baustellenbereich, ist Vernunft angesagt: Versuchen Sie grundsätzlich, so weit rechts wie möglich mit Ihrem Fahrzeug zum Stehen zu kommen – also auf der rechten Fahrbahn. Schalten Sie das Warnblinklicht an, sichern Sie die Unfallstelle ab und bringen Sie sich selbst umgehend in Sicherheit.
Sollten Sie sich auf der linken Fahrspur befinden, sollten Sie bei einem Unfall auf der Fahrerseite aussteigen, sich möglichst dicht an der Mittelleitplanke halten und sich vom Auto in Fahrtrichtung entfernen. Achtung: Ein Überqueren der anderen Fahrspuren sollte unbedingt unterbleiben – Sie könnten sich selbst in Lebensgefahr bringen!
Kommt es zu einem Unfall im Baustellenbereich, weil die Fahrspur zu eng für das Fahrzeug ist, trägt der Fahrzeugführer versicherungstechnisch mindestens eine Mitschuld. Die Rechtsprechung erkennt hier eine Verletzung der Sorgfaltspflichten, denn: Im Baustellenbereich ist besondere Vorsicht gefragt, die von den Autofahrern ein entsprechend vorausschauendes Verhalten einfordert.
Juristische Beratung für ACV Mitglieder
Ob Konflikte mit anderen Verkehrsteilnehmern oder Ärger, weil Sie das Reißverschlussverfahren missachtet haben: Wir empfehlen eine kostenlose Erstberatung durch einen Anwalt. Diese hilft auch dabei, das Kosten-Nutzen-Verhältnis von juristischen Schritten abzuwägen.
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