Generelles Tempolimit auf Autobahnen wäre überzogen und unnötig

In der öffentlichen Diskussion um mehr Verkehrssicherheit wird immer wieder – häufig sehr emotional – das Thema Tempolimit auf Autobahnen diskutiert. Die Befürworter einer solchen generellen Beschränkung argumentieren dabei stets mit dem verminderten Risiko durch niedrigere Geschwindigkeiten. Tatsächlich ist das Vermeidungspotenzial bei Unfällen aber äußerst gering.

Schon heute liegt die Durchschnittsgeschwindigkeit auf deutschen Autobahnen deutlich unterhalb der Richtgeschwindigkeit: Auf Abschnitten mit Tempolimit beträgt sie im Mittel 118,3 km/h, auf Strecken ohne Tempolimit nur geringfügig mehr, nämlich 124,7 km/h (Bundesanstalt für Straßenwesen 2016: Geschwindigkeiten auf Bundesautobahnen in den Jahren 2010 bis 2014, Schlussbericht zum AP-Projekt F1100.6213001). Damit liegt Deutschland nach einer Untersuchung des Europäischen Verkehrssicherheitsrates (PIN-Programm, 2017) auf absolut vergleichbarem Niveau mit Ländern wie Frankreich und Dänemark. In Ballungsräumen ist die Durchschnittsgeschwindigkeit sogar noch deutlich niedriger. Denn dort ist die Verkehrsdichte höher und es bestehen häufiger bereits Tempolimits. Nach einer Untersuchung der Wochenzeitung „Die ZEIT“ von 2019 auf der Grundlage von Informationen aus Navigationsgeräten liegt der Anteil sämtlicher Fahrzeuge, die schneller als 160 km/h fahren, insgesamt bei nicht einmal 8 Prozent. Auch die wiederholt angeführten positiven Auswirkungen eines Tempolimits auf den Schadstoffausstoß sind deshalb als minimal zu betrachten und stünden in keinem Verhältnis zum notwendigen Aufwand für die Umsetzung und vor allem Überwachung.

 

Natürlich ist jeder Unfall mit Personenschaden ein Unfall zu viel. Jede Vergleichsrechnung mit der Zahl von Verkehrstoten wäre zynisch. Der ACV hat sich deshalb schon vor Jahren der Sicherheitsstrategie VISION ZERO verpflichtet, die das Ziel verfolgt „Alle kommen an, keiner kommt um“. Umgekehrt sollten wir aber auch die Frage stellen: Ist es nicht mindestens genauso zynisch, sich – offensichtlich vielfach aus ideologischen Beweggründen – vehement für ein Tempolimit auf Autobahnen einzusetzen, wenn zugleich andere Unfallrisiken mit viel größerem Vermeidungspotenzial weniger oder gar nicht bekämpft werden? Hier seien beispielsweise die enormen Gefahren für Radfahrer in Innenstadtbereichen zu nennen, etwa durch Abbiegeunfälle oder haarsträubend gefährliche Radwege. Auch die Sicherheit auf unseren Landstraßen ließe sich im Vergleich zu den Autobahnen noch um ein Vielfaches steigern. Und schließlich birgt auch der technische Fortschritt noch großes Potenzial, wie die zunehmende Verbreitung von immer aufwändigeren Assistenzsystemen eindrucksvoll zeigt. Hier engagiert sich der ACV im Rahmen der Kampagne Bester Beifahrer.

 

Fazit: Mobilität wird immer mit Risiken verbunden sein. Aber es gibt wesentlich wichtigere und effektivere Ansätze zur Unfallvermeidung und zur Reduzierung der Schadstoffemissionen im Verkehr als ein generelles Tempolimit auf Autobahnen. Diesen Themen müssen wir uns in Zukunft viel stärker als bisher zuwenden. Zudem liegt das Durchschnittstempo auf Autobahnen ohnehin bereits heute deutlich unterhalb der Richtgeschwindigkeit. Der ACV hält eine allgemeine Geschwindigkeitsbegrenzung deshalb für vollkommen überzogen und unnötig.